Den Rucksack auf dem Rücken sind Fahrradkuriere heutzutage ein fester Bestandteil unserer Großstädte. Immer häufiger nimmt die Öffentlichkeit diese Lieferdienste in Anspruch für die Auslieferung von zubereitetem Essen ‒ doch dies wirft auch viele Fragen auf.
Im Vordergrund der Kontroversen steht das Geschäftsmodell, auf dem die meisten dieser Lieferplattformen beruhen: Von den drei großen Unternehmen, die in Belgien im Bereich der Essensauslieferung tätig sind, richten sich zwei nach einem Modell, das inzwischen unter der Bezeichnung „Uberisierung“ bekannt ist (Deliveroo und Uber Eats1). Die Beschäftigten werden pro Fahrt und nicht pro Stunde bezahlt und sind einem starken internen Wettbewerb ausgesetzt, wodurch sie quasi zu einem riskanten Fahrverhalten ermutigt werden. Somit ist es nicht verwunderlich, dass viele Auslieferer rasanter durch die Stadt unterwegs sind als es für ihre eigene Sicherheit oder die anderer Verkehrsteilnehmer gut wäre.
Als Vertreter der Nutzer von Fahrrädern möchte der belgische Fahrradfahrerverband GRACQ, dass diese tagtäglich viele Kilometer zurücklegenden Arbeitnehmer nicht übersehen werden. GRACQ hat denn auch Kontakt zum Verband der Kuriere aufgenommen und im November letzten Jahres an der Einweihung der „Maison des Livreurs“ in Brüssel teilgenommen ‒ einem Ort, an den diese Alleinarbeitenden sich eingeladen fühlen sollen ‒ sei es zu einem heißen Kaffee, um Antworten auf ihre Fragen zu erhalten oder Unterstützung bei Problemen (mit den Agenturen, mit einem Dritten, …), eine Toilettenpause einzulegen oder zu einem Zusammentreffen mit Kollegen.
Im Februar 2023 wurde die Gemeinschaft der Lieferdienste durch ein tragisches Ereignis erschüttert: Sultan Zadran, Vater von sechs Kindern, kollidierte mit einem Bus, während er eine Mahlzeit auslieferte. Er starb an den Folgen dieses Unfalls. Ursache soll neben den Arbeitsbedingungen auch der tote Winkel gewesen sein. Die Zahl dieser Unfälle könnte durch eine Ausstattung von Bussen mit vier statt zwei Spiegeln verringert werden ‒ doch dies ist leider noch nicht gesetzlich vorgeschrieben. GRACQ und der Verband der Kuriere drückten den Fahrradkurieren ihren Beistand aus, indem sie ein weißes Fahrrad am Ort des Geschehens aufstellten ‒ dieses Ereignis soll nicht in Vergessenheit geraten.
GRACQ wünscht sich eine Zusammenarbeit mit den Zustellorganisationen ‒ Ziel ist, die Sicherheit dieser „neuen“ Radfahrer zu verbessern und von ihrer Arbeitsrealität zu erfahren … Fortsetzung folgt.
C. PETEERS, COORDINATEUR DU COLLECTIF DES COURSIER.E.S
G. DE MEYERE
1 Das dritte Unternehmen, „Takeaway“, hingegen arbeitet nur mit Zustellern mit Arbeitsvertrag (überwiegend Zeitarbeitskräfte), die daher pro Stunde bezahlt werden.
GRACQ MAG 48