Cycling Industries Europe (CIE) hat die Leistungen von Bikesharing-Systemen in 148 europäischen Städten analysiert und in eine Rangliste eingestuft. Aus einem entsprechenden Bericht, der die Nutzung (Tops und Flops) der Systeme beleuchtet und den Verbesserungsspielraum für die Städte am unteren Ende der Skala aufzeigt, ergeben sich große Unterschiede zwischen diesen Städten.
Abgedeckt durch den Bericht von CIE sind diejenigen 100 Städte der Europäischen Union, die sich zum Ziel gesetzt haben, „klimaneutral“ zu werden, sowie die 48 größten städtischen Knotenpunkte des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V). Von diesen 148 Städten werden 128 von funktionierenden Bikesharing-Systemen bedient. Die restlichen 20 Städte repräsentieren drei Millionen Bürger ohne Zugang zu einem solchen System.
Tägliche Fahrten pro 1.000 Einwohner
Da nicht jede Stadt Daten zur Verfügung hatte, konnte lediglich für 77 der Städte eine Anzahl der täglichen Fahrten je gemeinschaftlich genutztes Fahrrad ermittelt werden. Als Hauptindikator für den Bericht wurde diese Zahl in Relation zur Einwohnerzahl dieser Städte gesetzt. Daraus ergibt sich ‒ mit täglich fast 40 Fahrten pro 1.000 Einwohner ‒ Paris als die erfolgreichste Stadt. Die fünf leistungsstärksten Städte kommen auf einen Durchschnitt von 28 Fahrten. Dagegen erreichen die 20 Städte mit der schlechtesten Leistung lediglich 0,5 Fahrten pro 1.000 Einwohner pro Tag. Für uns besonders hervorzuheben ist Antwerpen mit einer sehr guten Leistung (28 Fahrten). Brüssel liegt auf Platz 21.
Anzahl der geteilten Fahrräder pro 10.000 Einwohner
Aus den Daten des Berichts ist zu erkennen, dass die Bikesharing-Systeme der zehn erfolgreichsten Städte jeweils eine Flotte von mehr als 35 Fahrrädern pro 10.000 Einwohner zur Verfügung stellen. Mit einem geringeren Angebot scheint es somit schwierig zu sein, zu einer der erfolgreichsten Städte zu werden. Zudem ist zu erkennen, dass in 33 der Städte weniger als sieben Fahrräder pro 10.000 Einwohner zur Verfügung stehen, woraus sich nur wenig Spielraum für eine Deckung der Nachfrage ergibt.
Ausgehend von diesem Indikator belegt Brüssel den fünften Platz in der Rangliste. Ein gutes Ergebnis, das ‒ angesichts des 21. Platzes in der Rangliste der Anzahl der Fahrten pro 1.000 Einwohner ‒ überraschen mag.
Tägliche Nutzung eines jeden Fahrrads
Die Fahrräder des Pariser Bikesharing-Systems werden bis zu 6 Mal pro Tag genutzt, dagegen jene in Helsinki nur 3 Mal pro Tag. Damit rangieren diese beiden Städte unter den Top Ten der Referenzstädte. In anderen liegt der Nutzungssatz eines Bikesharing-Fahrrads lediglich bei einer Fahrt pro Tag, was zweifellos die Frage nach der Politik zum Thema der aktiven Mobilität und der Qualität der Fahrradinfrastruktur aufwirft. Laut Bericht von CIE liegt die Strecke einer Fahrt mit einem Bikesharing-Fahrrad bei 1 bis 2,5 km (dagegen 1 km für E-Scooter).
Bikesharing und Klima
Laut Bericht schätzt CIE ‒ auf der Grundlage seines Leistungsvergleichs ‒ das klimatische Wachstumspotenzial von Bikesharing in den europäischen Schlüsselstädten wie folgt: „Wenn unter den untersuchten Städten die schlechtesten die Leistung der besten Städte erreichen würden, würde dies 1,7 Millionen zusätzliche Radfahrten pro Tag bzw. rund 600 Millionen pro Jahr generieren. Um dies zu erreichen, wären etwas mehr als 200.000 zusätzliche gemeinschaftlich genutzte Fahrräder erforderlich, um die Zahl der Gesamtflotte auf 423.000 Fahrräder zu erhöhen. Dies würde eine Investition von 240 Millionen € erfordern, je nach Art der Fahrräder, ein kleiner Bruchteil der geschätzten 240 Milliarden € für alternative Technologien wie das Aufladen von Elektrofahrzeugen … In Bezug auf die CO2-Einsparungen könnte diese Maßnahme allein 250.000 Tonnen CO2 pro Jahr eliminieren, wenn man von durchschnittlichen Fahrten von 2 km ausgeht.“
Quelle: L. GOFFINET, GRACQ MAG 51