Seit 1975 ist das Anschnallen für Fahrer und Beifahrer im Wagen Pflicht, seit 1991 auch für die Insassen hinten – der Sicherheitsgurt hat sich bewährt, schätzt man die Zahl der jährlich geretteten Menschenleben allein in der Wallonie doch auf fast 200!
Dennoch sieht noch lange nicht jeder Verkehrsteilnehmer das Anlegen des Sicherheitsgurts als selbstverständlich an. Mehr als jeder 10. Wallone gibt zu, sich nicht immer anzuschnallen, selbst, wenn er vorn sitzt – mehr als jeder vierte schnallt sich nicht an, wenn er hinten sitzt. Grund sind u. a. einige „Ammenmärchen“
Ängste werden geschürt, etwa, durch den angelegten Gurt ertrinken zu können oder dass er eine Schwangerschaft gefährde – oder aber einfach der Glaube, dass der Gurt „sowieso“ in bestimmten Situationen völlig nutzlos sei.
Also sehen wir uns diese „Mythen“ einmal näher an:
„Der Gurt könnte mich am Aussteigen hindern.“
Tatsächlich befürchten 26% aller Wallonen, sich angeschnallt nicht mehr aus einem Auto befreien zu können, falls es Feuer gefangen hat oder in einem Gewässer untergeht.
Diese Gefahr besteht tatsächlich – allerdings ist die Wahrscheinlichkeit eines Verkehrsunfalls viel größer. Und im Fall eines Aufpralls nicht angeschnallt zu sein, bedeutet, Gefahr zu laufen, durch dessen Wucht gegen die Windschutzscheibe oder den Vordersitz geschleudert zu werden und dadurch schwerwiegende Verletzungen davonzutragen. Hier ist die Gefahr groß, dass kaum eine Überlebenschance bleibt. Das macht es viel gefährlicher, nicht angeschnallt im Auto zu sitzen.
Abgesehen davon sind in einigen Geschäften für Autozubehör und auch online Gurtschneider und Fensterbrecher erhältlich – für den Fall, dass es tatsächlich mal zu einer entsprechenden Notsituation kommen sollte.
„Der Sicherheitsgurt ist eine Gefahr für schwangere Frauen.“
Fast jeder vierte Wallone (23 %) glaubt, dass der Sicherheitsgurt während einer Schwangerschaft zur Gefahr werden kann. Wenn er richtig angelegt ist, ist das jedoch nicht der Fall. Im Gegenteil, richtig positioniert schützt er sowohl die Mutter als auch das Kind im Falle eines Unfalls. Der Bauchgurt muss unter dem Bauch und straff um das Becken herum liegen, während der andere Teil über die Schulter verläuft.
In einigen Onlineshops sind Gurtadapter für schwangere Frauen erhältlich. Allerdings ist eine solche Vorrichtung, für die es keine Zulassungsnorm gibt, absolut nicht zu empfehlen und kann sogar gefährlich sein kann, da sie die Wirksamkeit des Sicherheitsgurts beeinträchtigt.
„Der Sicherheitsgurt behindert mich beim Fahren.”
19% aller Wallonen (fast jeder 5.) empfinden den Sicherheitsgurt als störend, fühlen sich in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Tatsächlich kannn man sich angeschnallt nicht mehr ganz frei bewegen – allerdings ist das nur ein kleiner Preis, den man zahlt im Vergleich zu dem Zugewinn von Sicherheit, die der Gurt bietet.
Manche Verkehrsteilnehmer glauben, die Position des Sicherheitsgurts an ihre Bedürfnisse anpassen zu können, führen ihn unter dem Arm durch oder lassen ihn gar hinter dem Rücken, damit er sie nicht in ihrer Bewegung stört. Solche Praktiken sind gefährlich. Im Fall eines Aufpralls hält der richtig angelegte Sicherheitsgurt den Oberkörper in seiner Position und die Kräfte des Aufpralls werden auf die stärksten Körperteile, hauptsächlich Hüfte und Becken, verteilt, wodurch das Risiko schwerwiegender Verletzungen der lebenswichtigen Organe und der Wirbelsäule verringert wird. Bei falschem Sitz können die Kräfte nicht entsprechend verteilt und der Brustkorb nicht geschützt werden, was zu schwerwiegenden Verletzungen mit Lebensgefahr führen kann.
„Der Sicherheitsgurt ist nur sinnvoll, wenn man schnell fährt.”
Fast jeder fünfte Wallone (18 %) glaubt, dass der Sicherheitsgurt in erster Linie für Fahrten bei hoher Geschwindigkeit konzipiert ist. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall.
Aufgrund der normalen Begrenzung des menschlichen Körpers nimmt die Schutzwirkung des Gurts mit steigender Geschwindigkeit ab. Während der Gurt bei einem Aufprall mit 30 km/h das Risiko zu sterben um das Zehnfache verringert, ist dieses Risiko bei 90 km/h nur noch um die Hälfte reduziert. Bei einem Aufprall mit 120 km/h haben die Insassen kaum noch eine Überlebenschance, egal, ob sie angeschnallt sind oder nicht. Dennoch rettet der Gurt auf Autobahnen Leben – zu erkennen daran, dass fast 60 % der Unfalltoten auf den Autobahnen nicht angeschnallt waren.
„Ich kann einen Beifahrer genauso gut mit meinem Arm zurückhalten.“
Fast jeder zehnte Wallone (9 %) glaubt, dass er einen Beifahrer im Fall eines Zusammenstoßes mit seinem Arm zurückhalten kann. Tatsächlich ist dies jedoch völlig unmöglich. Bei einem Aufprall stoppt das Auto abrupt, während der Fahrer und die Mitfahrer bei gleicher Geschwindigkeit unterwegs bleiben, die das Fahrzeug vor dem Aufprall hatte. Bereits bei einem Aufprall mit 50 km/h verwandelt sich ein 80 kg schwerer Mitfahrer in ein etwa eine Tonne schweres Geschoss.
Innerhalb von nur einer Sekunde kann ein nicht angeschnallter Mitfahrer durch die Windschutzscheibe geschleudert werden. Eine Sekunde ist im Übrigen auch die Zeit, die der Fahrer braucht, um eine Situation zu erfassen und eine Handlung zu beschließen. Der Gurt, der sich bei einem Aufprall beinahe sofort strafft und einer Kraft von 2,5 bis 3 Tonnen standhalten kann, ist zweifellos besser geeignet.
„Ich schnalle mich nicht an und das ist allein meine Sache.“
Im Gegensatz zu anderen riskanten Verhaltensweisen – wie zu schnelles Fahren oder Fahren unter Alkoholeinfluss – könnte man meinen, dass das Nichtanlegen des Sicherheitsgurts eine persönliche Entscheidung ist, die keine Auswirkungen auf andere Verkehrsteilnehmer hat. Etwas mehr als jeder zehnte Wallone (12 %) ist der Meinung, dass ein Risiko nur ihn selbst betrifft, wenn er sich nicht anschnallt.
Das kann man allerdings nicht allgemein so sagen. Kommt es zu einem Unfall, kann ein nicht angeschnallter Mitfahrer auf dem Rücksitz die Insassen auf den Vordersitzen schwer verletzen. Das Risiko einer schwerwiegenden oder tödlichen Verletzung ist für die Mitfahrer auf den Vordersitzen doppelt so hoch, selbst wenn sie angeschnallt sind.
Bei einer Kontrolle wird ein nicht angeschnallter Mitfahrer persönlich zur Kasse gebeten. Es ist ein Verstoß, der mit einer Geldstrafe von 116 Euro geahndet wird. Allerdings kann er auch ein Leben kosten – und das ist unbezahlbar.
Quelle: AWSR – Newsletter Oktober 2024