Auf wallonischer Seite hat TEC ein Pilotprojekt gestartet, bei dem Radfahrer ihre Fahrräder im Bus mitnehmen können. STIB hat auf Brüsseler Seite ein erstes Treffen zwischen Busfahrerausbildern und Fahrradausbildern (GRACQ und Pro Velo) organisiert ‒ ein Versuch, die Schwierigkeiten der jeweils anderen Seite besser zu verstehen.
Sowohl STIB als auch TEC greifen in ihren Aktivitäten und Projekten die Problematik des Radverkehrs auf ‒ sei es, um Spannungen zwischen Radfahrern und Busfahrern abzubauen (und Unfälle zu vermeiden) oder um Radfahrern auch für groβe Entfernungen eine Alternative zum Auto zu bieten. Dabei greifen sie auf die Expertise von GRACQ zurück.
TEC: Pilotprojekt Fahrradbus auf der Linie E5
Ziel des Pilotprojekts ‒ durchgeführt vom 16. März bis zum 30. Juni ‒ war eine Analyse der Bedingungen für eine Akzeptanz der Mitnahme von nicht auseinandermontierten Fahrrädern in Fahrzeugen einer Expresslinie ‒ entweder im Laderaum oder auf einem Fahrradträger am Heck des Busses.
Insgesamt waren alle vier Busse der Linie Nivelles-Namur „fahrradkompatibel“ und die „Tester“ erhielten nützliche Informationen und Tipps zur Befestigung ihres Fahrrads am Fahrradträger hinten am Bus.
Noch hat das Experiment zu keinen Ergebnissen geführt. Mehrere Faktoren ‒ darunter die Kundenzufriedenheit und die der Busfahrer, Auswirkungen auf Geschwindigkeit der Linie und Verbrauch des Fahrzeugs sowie auf die Kapazität der Busse ‒ sind zu berücksichtigen. GRACQ ist auf jeden Fall sehr erfreut darüber, dass die Möglichkeiten zur Fahrradmitnahme an Bord von Bussen untersucht wird. In Frankreich schreibt das Gesetz seit Juli 2021 vor, dass Busse, die Fahrgäste auf regulären Linien auβerhalb des Stadtverkehrs befördern, die Mitnahme von bis zu fünf Fahrrädern (nicht auseinandermontiert) nicht verweigern dürfen.
STIB: Höflichkeit und Sicherheit
Ein besseres Miteinander im Straβenverkehr setzt ein besseres Verständnis der Schwierigkeiten voraus, mit denen der jeweils andere konfrontiert ist. Ausgehend von diesem Prinzip haben GRACQ und STIB einen Austausch zwischen Fahrradlehrern und Busfahrerausbildern veranlasst: Ein erstes Treffen dieser Art, das ‒ so wünscht man es sich ‒ den Auftakt zu einem dauerhaften Dialog zwischen Radfahrern und Betreibern öffentlicher Verkehrsmittel bildet.
Ziel des Austauschs war ‒ neben dem Verständnis der Schwierigkeiten ‒, Möglichkeiten zu erkennen, durch die die jeweiligen Ausbildungen besser aneinander angepasst werden können. Zunächst erstellten STIB und Pro Velo gemeinsam einen Fragebogen, danach ging es an die Praxis. So konfrontierte der Fahrradparcours die Teilnehmer mit Straβenbahnschienen, Busspuren oder dem besonders engen Radfahrstreifen auf der „Rue de Verdun“, der durch das Kreuzen der zahlreichen Busse zur echten Herausforderung wird. Danach sollten die Fahrradausbilder sich selbst an das Lenkrad eines Busses setzen ‒ an einem Schulungsstandort unter Anleitung der Busfahrerausbilder.
Durch diesen ersten ‒ sehr positiv verlaufenen ‒ Austausch wurde der Grundstein für weitere, möglichst regelmäßige Gespräche gelegt. GRACQ wird dabei achten auf:
- Eine Wiederholung dieser Art des Austauschs mit Busfahrerausbildern, die bisher wenig mit Fahrrädern vertraut sind ‒ dies war bei den Ausbildern, die bei diesem ersten Treffen anwesend waren, nicht der Fall;
- Die Organisation eines ebensolchen Austauschs mit Ausbildern von Straβenbahnfahrern;
- Die Ausweitung des Dialogs auf TEC und De Lijn, die ebenfalls in der Brüsseler Region unterwegs sind.
Bleibt zu klären, wie das gesamte Fahrradpublikum besser zu erreichen wäre: Der Anteil der Radfahrer, die die Schulungen von GRACQ oder Pro Velo durchlaufen, hält sich ‒ im Vergleich zur wachsenden Zahl von Fahrradfahrern in der Region Brüssel ‒ in Grenzen. Noch mehr stellt sich diese Frage im Hinblick auf die Rollerfahrer, die nicht zum Publikum von GRACQ gehören und für die es derzeit keine speziellen Schulungen gibt.
DE MEYERE & F. CUIGNET
GRACQ MAG 45
Sommer 2022
Bild: Aachener Verkehrsverbund GmbH