Viele Städte sind auf der Suche nach Indikatoren, über die sie die „Fahrradtauglichkeit“ ihres Gebiets definieren können. Oft wird hier von der entsprechenden Anzahl Kilometer gesprochen – aber ist diese relevant? Welche Parameter sollten berücksichtigt werden: die Intensität des Autoverkehrs, die Infrastruktur, das Landschaftsbild, die Kultur usw.?
Nach jahrelanger Beschäftigung mit dem Thema der Geschlechterverteilung der Fahrradfahrer schlägt Dr. Jan Garrad vor, sich stattdessen auf die Berechnung des Anteils der fahrradfahrenden Frauen zu konzentrieren.
Laut dem Artikel „Mehr Fahrradfahrer auf die Straße bringen. Um das Fahrradfahren in der Stadt zu fördern, muss man herausfinden, was Frauen wollen“ – veröffentlicht im Scientific American Magazine – scheint es, dass Frauen dazu neigen, längere – aber sicherere und ruhigere – Fahrten gegenüber kürzeren und potenziell gefährlichen Fahrten zu bevorzugen. Sie nehmen Risiken generell stärker wahr als Männer und brauchen daher eine bessere Radverkehrsinfrastruktur, damit sie sich in den Sattel schwingen. Darüber hinaus muss das Fahrradwegenetz optimal gestaltet sein, damit die verschiedenen Zielpunkte (Zuhause, Arbeitsplatz, Schulen, Geschäfte usw.) gut erreicht werden können. Wenn mehr Frauen als Männer mit dem Fahrrad unterwegs sind, würde dies also darauf hindeuten, dass das bestehende Radverkehrsnetz ausreichend Sicherheit, Anschlussfähigkeit, Geschlossenheit und Komfort bietet.
In der Wallonie gibt es derzeit keine derartigen Daten – aber Zählungen, die 2010 von Pro Velo in der Region Brüssel durchgeführt wurden, zeigen, dass der Anteil der Frauen an den Alltagsradfahrern insgesamt nur 30 % beträgt. Bei unseren Nachbarn in Deutschland erreicht der Frauenanteil 49 % und in den Niederlanden sind es 55 %.
GRACQ MAG 39, Winter 2020